zwischen sydney und cairns

Sydney liegt schon weit zurueck – knapp 6.000 km zeigt der Kilometerzaehler schon wieder an, seit dem wir dort losgefahren sind. Ich frage mich, wie wir das angestellt haben, denn auf „direktem“ Wege die Kueste entlang sind es eigentlich „nur“ 2.500 km… Wir sind recht weit in den Norden Australiens vorgedrungen und sind grad ganz kurz vor Cairns, genauer gesagt in Mission Beach. Eigentlich wollten wir heute einen Strandtag einlegen, aber (Skandal!) es ist bewoelkt! Ansonsten koennen wir aber ueber die Temperaturen nicht meckern. Obwohl hier nun tiefster Winter ist, sind es tagsueber angenehme 27 Grad. Wir hatten uns schon ein wenig beeilt, in den Norden zu kommen, denn zwischen Sydney und Brisbane waren so einige wieder mal knackig kalte Naechte dabei.

Wir, das sind uebrigens wieder Bine und ich. Bine war ja schon meine Reisebegleiterin zwischen Perth und Adelaide und unsere Reiseplaene haben so gut zueinander gepasst, dass wir uns fuer den Weg nach Norden wieder zusammen geschmissen haben. Wir planen nun auch, zusammen noch nach Alice Springs und Ayers Rock zu fahren, dann wieder hoch nach Darwin und rueber nach Perth. Eine Runde rum! Hoffentlich schaffen wir das noch in der uebrig bleibenden Zeit, denn es kommen da noch einige Kilometerchen zusammen. Weil es noch so viel zu sehen gibt, werd ich das Jahr hier auch voll ausnutzen und komm erst Anfang Oktober nach Hause zurueck. Einige hatten ja schon gefragt…

So, was haben wir denn so alles erlebt in den letzten Wochen?

Ein echtes Highlight war die 3-taegige Segeltour durch die Whitsunday Islands und zum Great Barrier Reef raus. Da hat einfach alles gepasst: Der Himmel war immer blau, die Wellen niedlich (niemand ist seekrank geworden), die Passagiere nett und die Crew auch, wir konnten schnorcheln und ich hab mal ausprobiert, wie tauchen so ist. Es war auch ein grosser Zufall, dass wir so ein nettes Schiff gefunden haben. In Airlie Beach, wo die Touren starten, gibt es 60 Anbieter von solchen Touren. Wo also anfangen zu suchen? Wir sind in das naechstbeste Reisebuero und eine sehr nette Angestellte hat uns zwei last minute Angebote gezeigt – und eines davon haben wir genommen. Entgegen unserer sonstigen Gewohnheit waren wir da also mal extrem entscheidungsfreudig und haben es nicht bereut! Es ging gleich am naechsten Morgen los und erster Programmpunkt war „Whitehaven Beach“ auf Whitsunday Island. Klar, schoene Straende gibt es hier ganz viele, aber der war noch mal besonders schoen! Der Sand war wie weisser Puder – so fein und weich. Echt unglaublich… Leider mussten wir zum Baden „stinger suits“ anziehen. Das sind nicht besonders kleidsame Ganzkoerperanzuege mit Kapuze, die einen vor den fiesen Quallen hier schuetzen sollen. Eigentlich sollte die Quallensaison so langsam vorbei sein, aber es war wohl eine Vorsichtsmassnahme, dass wir die trotzdem anziehen mussten. Sieht aber auch ein bisschen bescheuert aus, wenn man bei 30 Grad mit einem Ganzkoerperanzug ins Wasser geht – als wuerde einem kalt sein… Wir haben dann lieber an dem Strand rumgelungert, natuerlich ohne diesen Anzug! Dafuer haben dann die sandflies schoen gebissen ohne dass wir es gemerkt haetten und am naechsten Tag sah ich an den Beinen aus wie ein Streuselkuchen. Und gejuckt hat es auch wie wahnsinnig – ist also nicht alles Paradies hier!
Am zweiten Tag ging es nach einem ersten Probetauchgang in Ufernaehe hinaus zum Great Barrier Reef. Der Probetauchgang lief auch ganz gut und ich wollte es dann draussen am Riff noch mal richtig ausprobieren. Hab ich dann auch, aber dieser Tauchgang war mit eher gemischten Gefuehlen verbunden. Ich fand es echt unheimlich, unter Wasser atmen zu koennen. Als wir uns tiefer sinken liessen, musste ich staendig den Impuls unterdruecken, wieder hektisch nach oben zu schwimmen. Und das Navigieren mit den Flossen war auch gar nicht so einfach. Und dann musste ich mich sehr darauf konzentrieren, immer schoen gleichmaessig und bloss nicht zu tief zu atmen (sonst ist die Sauerstoffflasche so schnell leer). Und dann sollte ich auch noch Fische anschauen?! Ich war einfach reizueberflutet und hab die ganze Zeit mit dem Tauchlehrer Haendchen gehalten – zu gross die Angst, irgendwie den Anschluss zu verlieren oder doch nach oben zu steigen… Aber ich hab mich gezwungen, mich ein wenig umzuschauen. Und siehe da: Wir haben gar einen Riffhai gesehen, viele bunte Fische und spaeter gar noch eine Meeresschildkroete. Ich kann die Begeisterung fuers Tauchen auf jeden Fall verstehen – aber fuer den Rest des Tripps hat mir Schnorcheln dann gereicht. Da haben wir auch schon ganz viel gesehen und es war entspannter. Zwischen den Wasseraktivitaeten lagen wir dann an Deck faul in der Sonne rum und haben ungeduldig auf die naechste Mahlzeit gewartet. Wir hatten immer alle staendig Hunger und haben uns dann immer wie die Geier drauf gestuerzt – das muss die Seeluft sein! Morgens war uebrigens schon um 5.30 Uhr Weckzeit. Da zeigte sich grad mal ein Hauch von Sonnenlicht am Horizont. Aber die Tage wollten ja ausgenutzt werden und so oft fruehstueckt man bei Sonnenaufgang auf dem Meer ja auch nicht… Also, dieser Trip war wirklich wundervoll und neben dem Overland Track auf Tasmanien eines meiner Australien-Highlights! Ach ja, auf der Rueckfahrt gab es auch noch Delphine zu bestaunen, aber leider fanden die uns nicht so interessant und sie sind nicht naeher ans Boot herangeschwommen. Schade.

Ein weiteres Inselerlebnis war unser Tagesausflug nach Fraser Island, die groesste gruene Sandinsel der Welt und Weltnaturerbe. 123 km lang und bis zu 22 km breit, mit Regenwald drauf, kristallklaren Suesswasserbaechen und einem See, der nur von Regenwasser gespeist wird (also weder Zu- noch Abfluesse hat). Das Wasser ist unglaublich weich und es war gar nicht so kalt wie erwartet. Der Sand dort ist auch besonders mineralhaltig und gut fuer die Haut. Wir hatten natuerlich keine Scheu und machten „Sandpeeling“ – ich hoffe, es sass niemand mit Kamera im Busch und hat die daemlichen Deutschen gefilmt… Etwas merkwuerdig war, bei dem Ausflug mit einem grossen Allradantrieb-Bus mit 80 km/h am Strand entlang zu heizen. Der Sand ist da so platt und glatt, dass der „Insel-Highway“ dort entlang fuehrt. Es stehen auch wirklich Verkehrsschilder am Strand mit Geschwindigkeitsbeschraenkungen – und Linksverkehr ist auch. Am Strand liegen koennte dort also gefaehrlich sein!

Abgesehen von viel schoener Landschaft haben wir auch wieder einige lustige Bekanntschaften mit Landesbewohnern gemacht. In Byron Bay, das noch in New South Wales liegt und wirklich herrlich gemuetlich ist (und auch echt Klischee mit all den Campervans, Surfern, Alt-Hippies), haben wir einen netten Schlafplatz in der Auffahrt von „Rasta-Fred“ gefunden. Ich stand grad an der Rezeption der Jugendherberge und wollte um eine Dusche betteln (war aber abgelehnt worden), als Fred reinkam und meinte: Ihr braucht ne Dusche? Hab ich! Fred wohnte nur wenige Kilometer ausserhalb Byrons und war Busunternehmer mit Touren ins Kifferdorf Nimbin (im Hinterland, ziemlich oede, um ehrlich zu sein). Wir sind dann also seinem Auto gefolgt und in einer Maenner-WG gelandet. Fred war Anfang 40, hatte ein Haus, in dem „kreatives Chaos“ herrschte und ein noch aelter aussehender Freund von ihm auch noch wohnte. Nach der Dusche sind wir dann nicht wie geplant zum lauten Rastplatz am Highway fuer die Nacht gefahren, sondern in der Auffahrt von Freds Haus geblieben. „Don’t be polite!“ sagte Fred dann noch und meinte damit, wir sollten uns wie zu Hause fuehlen und uns bloss nicht verpflichtet fuehlen zu irgendwas. Wir sassen dann also gemeinsam auf dem Sofa und haben das australische Fernsehprogramm analysiert. Am naechsten Morgen musste Fred frueh weg zu einer weiteren Bustour, sein Mitbewohner joggte dann auch irgendwann mit dem Surfbrett unterm Arm zum Strand – und wir standen allein im Haus. „Macht das Gartentor zu, wenn ihr geht“, hiess es – ansonsten blieb alles offen. Es geht doch recht locker hier zu!

Eine weitere Bekanntschaft in Mackay (Queensland) versprach Arbeit fuer einen Tag. Ich wurde von einem Farmer angesprochen, der jemanden fuer Baumfaellarbeiten auf seiner Farm suchte. Es handelte sich um einen „Go-and-get-it“-Job: Hin und her springen und Sachen holen. Leider brauchte er nur einen Helfer, aber immerhin etwas zu arbeiten – und fuer einen Tag auszuhalten. Denn John, so der Name des guten Mannes, quatschte ein bisschen viel und auch dummes Zeug (es handelte sich meist um abgedroschene Maenner-Frauen-So-Funktionierts-Anekdoten)… Egal. Die Farm lag eh auf dem Weg zu einem Nationalpark fuer uns und so haben wir uns tags drauf getroffen fuer den Arbeitseinsatz. Leider hat nach gut einer Stunde die Kettensaege nicht mehr funktioniert und der Job war vorbei. Stattdessen wollte John noch einen kleinen Buschwalk ueber sein Grundstueck machen, das er erst ein paar wenige Monate sein eigen nannte und schauen, was da noch an Baeumen im Wald rumsteht, die man Faellen koennte. Ich hab mich angeschlossen, weil ich dachte: mal die Gelegenheit fuer einen echten Buschwalk. Im Nachhinein haett ich eigentlich auch drauf verzichten koennen. Denn fuer zwei Stunden querfeldein einen sehr steilen und mit Pflanzendickicht bewachsenen Berg runterzuschliddern war jetzt nicht das Wahnsinnserlebnis. Der Klassiker dabei war natuerlich noch, dass die Batterie des GPS-Geraetes, das wir dabei hatten, ploetzlich den Geist aufgab und wir nicht so oft unsere Position ueberpruefen konnten, was uns einen riesen Umweg bescherte. John meinte irgendwann: Das ist doch ein Erlebnis, das du sicher nicht vergessen wirst, oder? Richtig! Was aber sehr nett war: Fuer das Rausfahren auf die Farm und die Stunde Arbeit hat er uns 50 Dollar gegeben.

Leider ist es uns bisher nicht noch mal passiert, dass jemand uns Arbeit angeboten haette. Wir haben auf dem Weg hier hoch mehrmals versucht, einen „Pack-Job“ auf einer Obst- oder Gemuesefarm zu bekommen. Aber ueberall das gleiche Bild: Im Moment sei nicht viel los, man habe genug Leute, vielleicht in ein paar Wochen. Ueberhaupt gibt es hier ein richtiges System, wie man an Jobs kommt. Hostels und Campingplaetze agieren als Jobvermittler, aber um auf ihre Vermittlungsliste zu kommen, muss man dort auch schon wohnen! Ah ja, und dann muss man aber noch drei oder vier Wochen Wartezeit einrechnen, bevor man was bekommt, denn die Warteliste ist ziemlich lang. Das lohnt sich doch alles nicht, wenn man – wie wir – sowieso nur fuer drei oder vier Wochen jobben will! Da hat man sich dann wahrscheinlich genau das Geld wieder verdient, das man fuers Warten vorher ausgegeben hat. Wir sind auch direkt zu Farmen hingefahren und haben gefragt, aber niemand hat uns mit offenen Armen willkommen geheissen. Oft genug stand am Tor auch schon „No labour required – no entry.“ Hm. Fahren wir halt weiter. Vielleicht haben wir doch noch mal Glueck und sind zur rechten Zeit am rechten Ort.

Beim Thema lustige Bekanntschaften muss ich ja noch unsere Tierbekanntschaften erwaehnen. Im Eungella Nationalpark haben wir in der Abenddaemmerung mehrere Schnabeltiere (Platypus) in freier Wildbahn gesehen. Die gibt es nur hier in Australien, sind mittlerweile selten und wirklich sehr putzig und ziemlich flink im Wasser unterwegs. Ausserdem schwammen ziemlich viele Schildkroeten rum, die wir zunaechst mit Schnabeltieren verwechselten. Hm, dummer Anfaengerfehler. Auf einem Rastplatz, wo wir mehrere Naechte immer wieder eingekehrt sind zum kostenlosen Schlafen, betaetigte ich eines Abends die Toilettenspuelung und ploetzlich schwamm ein Frosch in der Kloschuessel. Der schwamm da munter und kletterte dann flugs die Schuessel wieder hoch und versteckte sich unterm Rand. Ist schon erst mal ein kleiner Schreck.
Natuerlich duerfen auch ein paar Spinnengeschichten nicht fehlen. Es war kurz nach Sydney, Sonne schien und wir fuhren auf einen Parkplatz fuer ein Paeuschen. Ich packte meine Brille zurueck ins Etui und wollte das Etui grad auf das Armaturenbrett von Frostie packen, als ich dachte: Was liegt denn da fuer ein haariger Stock? Der haarige Stocke entpuppte sich als Bein ein ansehnlichen, ausgewachsenen Huntsman-Spinne. Leute, die sehen echt eklig aus – und werden ziemlich gross. Bitte mal schauen: http://de.wikipedia.org/wiki/Riesenkrabbenspinnen . Ihr koennt euch sicher vorstellen, wie schnell ich aus dem Auto rausgesprungen bin?! Baaaeeeh, war das eine Ekelattacke! Unser Exemplar sonnte sich gemuetlich auf dem Armaturenbrett und ich moechte wirklich nicht wissen, wie lange die schon im Auto gewohnt hat… Wie aber das Ding rausbekommen? Die sind ziemlich flink unterwegs und ich fass sowas bestimmt nicht an. Ein paar Meter weiter waren zwei Bauarbeiter am Werkeln – mir ist in Sachen Spinnen nichts zu peinlich und ich hab die beiden gefragt, ob sie uns behilflich sein koennten, das Ding irgendwie aus dem Auto zu bekommen. Die haben mich auch vollkommen ernst genommen, denn es koennte ja auch eine giftige Spinne sein! Ob ich mir denn sicher waere, ob es eine Huntsman ist? Ja, war eine. Glorreiche Idee: Mit einem Stock aus dem Auto rauskicken. Hat natuerlich nicht funktioniert! Das gute Stueck hat sich unter der Abdeckung vom Armaturenbrett versteckt (es ist ein altes Auto – da gibt es viele Ritzen). Die Bauarbeiter wollten ihr dann mit einem Autan-Spray zu Leibe ruecken. Hat sie aber so gar nicht gestoert. Wir haben dann so lange am Armaturenbrett rumgewuergt, bis die Abdeckung ab war – und da sass sie in ihrer Pracht, mehr als handtellergross. Mit einem Handschuh wurde sie dann aus dem Auto gefegt, wollte gleich wieder reinrennen, aber wir haben sie nicht gelassen. Oh mann, da denkt man doch: Das passiert nur ein Mal. Hah, nicht uns. In Brisbane hatten wir ein weiteres Exemplar – zum Glueck etwas kleiner – vorn in der Windschutzscheibe sitzen, als wir morgens unseren Sichtschutz zusammenfalten wollten. Wie lange die da wohl schon sass? Und da aller guten Dinge drei sind: Noch ein Exemplar haben wir im Tuerrahmen erwischt, als wir von Fraser Island zurueckkamen. Mittlerweile haben wir auch Killerspray. Und wir fragen uns: Ist da irgendwo ein Nest? Ich mag echt nicht dran denken… Aber die Sabine hat dann noch das Schlimmste ereilt: Vor zwei Tagen wurde sie beim Abendessen von einem 7cm-Duchmesser-Exemplar an Ausschnitt und Arm angekrabbelt. Das ist schon verdammt unangenehm, und wir sind jetzt ein wenig paranoid: Sobald irgendwo was krabbelt auf der Haut (und sei es nur ein Haar oder Fussel), werden wir hektisch… Aber vielleicht koennen wir ja jetzt endlich sagen: Passiert nicht noch mal!